Der Weg des Jan Nepomuk zur Heiligsprechung und zum Patron der böhmischen Länder

Für die Entstehung des Nepomukkultes war die Umbettung des Leichnams des Johannes von Nepomuk in den St.-Veits-Dom ausschlaggebend. Dorthin wurde er aus der Heiligen-Kreuz-Kirche beim Kreuzherrenkloster des Ordens der Brüder von der Buße der Märtyrer (heute steht dort das Hotel Interkontinental), in der er - nachdem er aus der Moldau geborgen wurde - bestattet wurde, verbracht. Im Dom wurde er in ein Grab gelegt, welches sich vor der Kapelle des Hl. Erhard und Odilia befindet. Gerade als Altarist dieser Kapelle begann Johannes Nepomuk seine Kirchenlaufbahn.

Zur Beisetzung von Johannes Nepomuk im St.-Veits-Dom kam es zwischen 1396 und 1416. Im Jahre 1480 findet man in der Inventarliste des Domschatzes einen Verweis auf eine Votivgabe zu Ehren des Johannes Nepomuk. Dies belegt, dass Johannes Nepomuk zu diesem Zeitpunkt bereits von gläubigen Katholiken angebetet wurde.

Johannes Nepomuk wurde erstmals durch Georg Berthold Pontius von Breitenberg (1550-1641) in seinem Buch „Die Spirituelle Erneuerung der Böhmischen Krone“ (herausgegeben 1599, Duchovní obveselení Koruny české), als böhmischer Landespatron bezeichnet. Er wird dort als Johannes der Beichtvater bezeichnet.

Der Holzschnitzer Kaspar Bechterler stellte Johannes Nepomuk im Jahre 1630 auf einem Relief des Haupttores des Doms zusammen mit den anderen tschechischen Heiligen dar. Aber kurz zuvor erlebte der Dom andere Ereignisse. Während der calvinistischen „Säuberung“ des St.-Veits Dom zur Regierungszeit des sogenannten Winterkönigs Fri[e?]drich von der Pfalz wurde das Grab Johannes Nepomuks im Dezember 1619 beschädigt. Über die Bestrafung der Schänder des Johannesgrabes erzählt der Malteserritter Jan František Beckovský (1658-1722) in seinem Buch „Die Botschafterin alter böhmischer Ereignisse“ (Poselkyně starých příběhův Českých) sehr blumig, Gotthätte auf die Gotteslästerer Lähmung oder gleich den Tod herabgesandt.

Eine bedeutende Rolle für die Aufnahme des Johanes Nepomuk unter die Heiligen der Katholischen Kirche war die Nepomukslegende, die der renommierte Historiker und Literat Bohuslav Balbín (1621-1688) verfasste. Diese erschien 1680 in der Acta Sanctorum (Legendensammlungen von älteren Nachrichten über die Märtyrer und sonstigen Heiligen der katholischen Kirche) und war entscheidende Grundlage für den späteren Selig- und Heiligsprechungsprozess. Der Mann, dessen Lebensziel es war, die Selig- und Heiligsprechung des Johannes Nepomuk durchzusetzen, war der Prager Erzbischof Franz Ferdinand von Kuenburg (1651-1731). Seit seiner Ernennung zum Erzbischof im Jahre 1714 arbeitete er sehr intensiv daran. Die Arbeit des Erzbischofs führte somit sehr rasch zu ersten Ergebnissen, bereits im Jahre 1715 wurde der Seligsprechungsprozess eingeleitet.

Eine der Bedingungen hierfür war die Exhumierung des Leichnams von Johannes Nepomuk. Diese fand am 15. April 1719 statt. Während der Beschauung kam es zu einem sensationellen unglaublichen Fund, aus dem Schädel des Johannes fiel die unbeschädigte Zunge heraus! Alle Anwesenden, hohe geistliche Würdenträger und medizinische Experten einigten sich darauf, dass es sich um ein direktes Zeichen Gottes handeln müsse, das den Schutz des Beichtgeheimnisses als Grund für die Tötung des Dr. Nepomuks bestätigt. Auch auf Grund dieses Fundes bestand kein Zweifel an der baldigen Seligsprechung des Johannes Nepomuks. So geschah es dann auch. Papst Innozenz XIII sprach Johannes Nepomuk am 31. Mai 1721 selig, die großartigen Feierlichkeiten zu Seligsprechung fanden am 4. Juni 1721 in Prag statt.

Im darauffolgenden Jahr bewilligte der Papst die Einleitung des Kanonisationsprozesses in Prag. Um diese Erfolgreich abschließen zu können, waren aber Wunder notwendig, die im Zusammenhang mit der Anbetung des Seligen Jan Nepomuk geschehen sind. Eine wichtige Sache war dabei die Auffindung der unbeschädigten Zunge. Diese wurde durch die erzbischöfliche Kommission am 27. Januar 1725 erneut begutachtet. Als der Weihbischof Mayer diese in inniger Verehrung küsste, geschah ein weiteres Wunder. Die Zunge begann sich in ein helles Scharlachrot zu verfärben und lief sichtbar an. Seit dieser Zeit durfte die Zunge des Nepomuks von Gläubigen geküsst werden. Der Jesuit Jan Křtitel Votka schätzte, dass bis zum Jahre 1866, in dem das Zungenküssen untersagt wurde, die Zunge mindesten 6.850.000 Küsse erhalten hat.

In den 70er Jahren des 20. Jahrhundert fand das Team um Professor Emanuel Vlček (1925-2006) heraus, dass es sich nicht um die Zunge des Hl. Nepomuks, sondern um dessen Hirngewebe handelte. Es muss aber angemerkt werden, dass die damaligen Experten in gutem Glauben handelten, denn die wissenschaftlichen Möglichkeiten dieser Zeit hatten eine Identifizierung nicht ermöglicht. Nichtsdestotrotz ist auch die Auffindung vor unzerstörtem Hirngewebe ein beachtenswertes Phänomen.

Weitere anerkannte Wunder waren die Heilung der gelähmten Hand von Tereza Veronika Krebsova aus dem Jahre 1701 und die Rettung der kleinen Rosalia Hodankova vor dem Ertrinken im Fluss Otava im Jahre 1718. Tereza Veronika Krebsova betete inbrünstig für ihre Heilung zum seligen Johannes Nepomuk, der sechsjährigen Rosalie war Nepomuk unter der Flussoberfläche erschienen und hatte ihr mitgeteilt, dass sie nicht sterben werde.

Der Heiligsprechung stand somit nichts mehr im Wege, obwohl der Kardinal Prospero Lambertini, der spätere Papst Benedikt XIV., als Postulator fidei in der Rolle des Advocatus Diaboli seiner Zeit weit voraus, den Argumenten zur Heiligsprechung des Johannes Nepomuk vernichtend widersprach. Am 19. März 1729 sprach Papst Benedikt XIII. Johannes Nepomuk heilig.

In der Woche zwischen dem 9. bis 16. Oktober 1729 fanden in Prag bombastische Feiern zu Ehren des neuen Heiligen und Patron der böhmischen Länder statt, an denen Menschen aus allen Herren Länder teilnahmen. Solche großartigen Feierlichkeiten fanden weder vorher noch nachher in Böhmen satt. Diese atemberaubenden Festlichkeitensprachen alle Sinne des Menschen an und stellten den Höhepunkt des tschechischen Barocks dar, den man auf keinen Fall als dunkle Zeit bezeichnen kann.